Wer zum Telefon oder Smartphone greift und die Caritas-Rufnummer 069 / 80064-230 wählt, steckt häufig in einer akuten Krise – und das hat nicht in erster Linie mit Corona zu tun. „In 25 Prozent der Fälle, die wir über unsere Krisen-Hotline entgegennehmen, ist eine Trennung oder Scheidung samt Folgeerscheinungen der Anlass für den Anruf“, berichtet Caritas-Mitarbeiter Markus Dietrich. Der Diplom-Pädagoge arbeitet in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche, Eltern und Paare im Caritashaus St. Josef in Offenbach. Das kostenlose Beratungsangebot rund um die Themen Schwangerschaft, Entwicklung, Versorgung und Erziehung von Kindern sowie Ehe- und Beziehungsfragen richtet sich sowohl an Familien als auch an kinderlose Paare. Neben Dietrich gehören noch zwei Diplom-Sozialpädagoginnen und ein Diplom-Psychologe dem Beraterteam an.
Bei jedem vierten Hotline-Anruf geht es ums Thema Trennung oder Scheidung
„Die Corona-Pandemie verschärft natürlich den Druck in einer Krisensituation. Ein Beispiel: Wer sich frisch vom Partner getrennt hat, und eine eigene Wohnung sucht, muss feststellen, dass auf dem Wohnungsmarkt während Corona wenig bis gar nichts geht. Da kann es sein, dass sich ein zerstrittenes Paar erstmal weiterhin die Wohnung teilen muss“, so Dietrich. „Wie kann ich damit klarkommen, dass wir Ex-Partner jetzt beide im Home Office sind, wo wir doch getrennte Wege gehen wollen?“ – mit dieser und ähnlichen Fragen wenden sich Ratsuchende an die Hotline. Wie können Lösungswege aussehen? „Man kann eine räumliche Trennung herbeiführen, wenn sich die Wohnung dafür eignet. Oder man vereinbart eine zeitlich versetzte Nutzung der Räume. Außerdem sollte man sich konkret abstimmen: wer kauft ein, wer organisiert Handwerker bei Bedarf“, empfiehlt der Fachberater. Handele es sich um sogenannte hochstrittige Paare, bei denen Gespräche mit dem Ex-Partner aus dem Ruder laufen könnten, komme vielleicht eine Kommunikation per E-Mail oder Messenger-Dienst in Frage.
Noch einmal komplizierter werde es, wenn Kinder von der elterlichen Trennung betroffen seien: Schule und Kita geschlossen oder nur eingeschränkt geöffnet, Eltern wissen nicht, wann sie wieder zur Arbeit müssen. Wie kann unter diesen Umständen eine Kinderbetreuung geregelt werden? Berater Dietrich überlegt dann gemeinsam mit seinen Klienten, welche Menschen es im Umfeld gibt, die unterstützen könnten.
In Ausnahmefällen sind im Caritashaus wieder persönliche Beratungstermine möglich
Vorschläge und Handlungsempfehlungen bespricht er mit seinen Klienten derzeit noch vorrangig am Telefon. Info-Materialien sendet er per E-Mail oder Post zu. Ideal findet er das nicht: „Es fehlen Mimik und Gestik des Gegenübers, es fehlt mir das direkte Feedback im Dialog“, schildert er. Insbesondere bei Erstgesprächen sei es für viele Ratsuchende aber auch für ihn als Beratenden wichtig, den oder die Gesprächspartner persönlich kennenzulernen. „Nicht jeder möchte über sein Privatleben mit einer fremden Person sprechen, die er noch nie getroffen hat.“ Zum Teil verhinderten aber auch schlicht die beengten Wohnverhältnisse mancher Klienten ein ungestörtes Telefonat mit der Beratungsstelle.
Dazu Caritasdirektorin Christiane Leonhardt-Içten: „Ergänzend zur Telefon- und Onlineberatung können wir in Einzelfällen seit dieser Woche auch wieder persönliche Beratungstermine im Caritashaus anbieten. Allerdings nur nach Voranmeldung und selbstverständlich unter Einhaltung vorgegebener Hygiene- und Abstandsregelungen für Ratsuchende wie Mitarbeitende. Die Öffnung der Caritas-Beratungsstellen für Klienten kann nur vorsichtig und Schritt für Schritt erfolgen.“
Besorgte Eltern haben Fragen zum Medienkonsum ihrer Kinder an die Erziehungsberatung
Noch ein anderes Thema, das Eltern während Corona besonders umtreibt, haben die Erziehungsberater des Caritashauses ausgemacht: „Viele Eltern bekommen derzeit Eins zu Eins mit, wie hoch der Medienkonsum ihrer Kinder ist. Sätze wie ‘Unser Sohn hängt nur noch am Smartphone und kommt von seiner Spielkonsole kaum los’ hören wir häufiger“, sagt Dietrich. Natürlich sei gerade ein Ausnahmezustand, der mit einem höheren Medienkonsum einhergehe, räumt der Berater ein. Dennoch rät er Eltern, genauer hinzuschauen und – falls nötig – Grenzen zu ziehen: „Verbindliche Medienzeiten kann man mit seinen Kindern durchaus aushandeln.“ Der Pädagoge empfiehlt darüber hinaus, Tagesstrukturen zu vereinbaren; etwa zeitliche Eckpunkte für Mahlzeiten oder häusliche Pflichten. „Selbstverständlich soll man nicht den ganzen Tag verplanen, aber ein paar Haltepunkte, über den Tag verteilt, helfen meist schon, die Mediennutzung einzudämmen. Denn beim Computerspielen vergessen Jugendliche oft Zeit und Raum – die verlieren sich darin.“ Alternativen zum Medienkonsum könnten Familienprojekte sein, die man gemeinsam angeht: Wohnung ausmisten, Zimmer streichen, Fahrrad sommertauglich machen, Fitnessprogramm und anderes mehr. Manche Familien könnten so der Krisenzeit auch etwas Gutes abgewinnen. Als Feedback habe das Caritas-Team immerhin schon gehört: „Man hat jetzt mehr Zeit füreinander.“
Telefon-Sprechstunde der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche, Eltern und Paare:
Ein Angebot des Caritashauses St. Josef in Offenbach
Montag bis Freitag von 10 bis 12 Uhr
Telefon: 069 / 80064-230 oder
Telefon: 069 / 80064-0