Wenn der mobile Ambulanzbus der Caritas verschiedene Haltepunkte in der Offenbacher Innenstadt anfährt, steht derzeit die Grundversorgung von Wohnungslosen mit Lebensmittel-Gutscheinen und sauberer Kleidung sowie Unterstützung bei der Körperpflege im Vordergrund. Eine Möglichkeit zum Händewaschen gibt es am Bus – Wasserkanister stehen bereit. „In der jetzigen Phase ist eine gute Aufklärung unserer Klienten über Verhaltensregeln während der Corona-Krise wichtig – etwa zum Abstand halten, zu Hygieneregeln oder zur richtigen Husten- und Nies-Etikette“, erklärt Edith Heilos, die das Projekt koordiniert.
Es geht in Zeiten von Corona häufig um elementare Dinge
Die Ambulanz gibt auch Lebensmittel-Gutscheine ausFoto: Caritasverband Offenbach
„Natürlich hat das Corona-Virus auch unsere Arbeit durcheinandergewirbelt“, sagt die Diplom-Sozialpädagogin. „Die aufsuchende Arbeit, bei der wir zu Fuß nach Klienten Ausschau halten und ansprechen, ist derzeit leider nicht möglich. Der Schutz unserer Mitarbeiter und der Menschen, die mit uns in Kontakt kommen, muss bei unserer Arbeit gewährleistet sein. Dennoch sind wir mit dem Ambulanzbus an verschiedenen Haltepunkten präsent und bieten Hilfe an.“ Denn die Situation ist für Wohnungslose und andere Bedürftige fatal: Die üblichen Anlaufstellen, die warme Mahlzeiten, Lebensmittel oder Kleidung ausgeben, sind seit der Kontaktsperre in Offenbach nur sehr eingeschränkt nutzbar. Das gilt auch für Wasch- und Duschmöglichkeiten. Manche Bedürftige haben sich mit dem Sammeln und Abgeben von Leergut ein paar Euro dazuverdient. Auch diese Einnahmequelle ist fast versiegt, seit das Corona-Virus die Menschen in die heimischen vier Wände zwingt.
Ansprechpartner für Menschen ohne Krankenversicherung bei gesundheitlichen Fragen
Zwei Krankenschwestern, Mitarbeiterinnen der Caritas Offenbach, sind seit eineinhalb Jahren regelmäßig mit dem Ambulanzbus unterwegs, um Wohnungslosen und anderen Menschen ohne Krankenversicherung, darunter häufig südosteuropäische Zuwanderer, erste Ansprechpartner bei gesundheitlichen Fragen zu sein. Kleine Gesundheits-Checks und pflegerische Behandlungen können sie ihren Klienten direkt im Bus anbieten. Der knallrote, umgebaute Van ist mit einem drehbarem Behandlungsstuhl und großen Schubladen für Pflegezubehör wie Verbandmaterial, Heftpflaster, Einweghandschuhen, Schutzkitteln sowie einiges mehr funktional ausgestattet. Auch ein kleiner Kühlschrank und ein Wasserkocher sind vorhanden.
Bei Bedarf wird der Kontakt zu einem Arzt direkt hergestellt
Besteht Bedarf an weiterführender medizinischer Beratung und Betreuung, vermitteln die Caritas-Mitarbeiterinnen in normalen Zeiten ihre Klienten an die ärztliche Sprechstunde der »Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung« im Offenbacher Ketteler Krankenhaus. Während der Corona-Pandemie kann der Kontakt zu einem Arzt direkt hergestellt werden. Darüber hinaus arbeitet die Caritas-Straßenambulanz mit zahlreichen weiteren Beratungsstellen und Partnern zusammen, etwa mit den Familienhebammen oder den Integrationslotsen.
Im Herbst 2018 wurde das Straßenambulanz-Projekt ins Leben gerufen, das zu großen Teilen von der Berliner SKala-Initiative, einer Initiative der Unternehmerin Susanne Klatten in Partnerschaft mit dem gemeinnützigen Analyse- und Beratungshaus PHINEO, finanziert wird. Die Ausstattung des Ambulanzbusses wurde von der GlücksSpirale gefördert, außerdem fließen Caritas-Eigenmittel in das Projekt.
Ein Bewusstsein für die Problematik in der Offenbacher Bevölkerung schaffen
„Ziel der Arbeit der Caritas-Straßenambulanz ist es auch, in der Offenbacher Bevölkerung ein Bewusstsein für die Situation von Wohnungslosen und Menschen ohne Krankenversicherung zu schaffen“, sagt Edith Heilos. Die Einbindung von Ehrenamtlichen in die Arbeit ist deshalb ein wichtiger Baustein innerhalb des Projekts. Nach einem Aufruf im Herbst 2019 konnten neun freiwillig Engagierte für eine auf die Tätigkeit vorbereitende Schulung gewonnen werden. Danach kamen sie – jeweils in Begleitung einer hauptamtlichen Mitarbeiterin – während der Wintermonate zum Einsatz. Verstärkt durch diese ehrenamtliche Manpower konnte die Straßenambulanz, immer in Zweierteams, Rundgänge durch die Offenbacher Innenstadt auch in den Abendstunden durchführen – und dabei heißen Tee, Isomatten und Schlafsäcke an Wohnungslose verteilen.
Auf Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer wird derzeit verzichtet
Aus Rücksicht auf die Gesundheit der ehrenamtlichen Helfer verzichtet das Straßenambulanz-Team während der Corona-Krise auf deren Unterstützung. Heilos hofft, dass der Ausnahmezustand schnell vorübergeht, und ihr erweitertes Team wieder das komplette Hilfeprogramm anbieten kann. Sie sagt aber auch: „Wir haben gelernt und müssen akzeptieren, dass nicht jeder Angesprochene unsere Beratung annehmen möchte – auch das hat etwas mit Respekt vor unseren Klienten zu tun. Manchmal ist es einfach nur eine punktuelle, pragmatische Hilfe, die wir leisten können. Aber zu einigen Klienten konnten wir ein gutes und dauerhaftes Vertrauensverhältnis aufbauen. Diese Menschen konnten wir ein Stück weit wieder ins reguläre Sozialhilfenetz einbinden – das motiviert uns sehr.“
Notwendig: Angebote zum Händewaschen im öffentlichen Raum
Das Projekt stellt das Straßenambulanz-Team immer wieder vor neue Herausforderungen. Im Moment überlegen Heilos und ihre Mitarbeiterinnen, ob man in der Stadt vorübergehend öffentlich zugängige Wasserhähne installieren kann. Dazu Heilos: „Nicht nur in Corona-Zeiten ist die Händehygiene essentiell – zumindest für die meisten. Für Menschen ohne festes zu Hause ist es ein Unding, keine Waschmöglichkeit zu haben. Aber genau bei dieser Risikogruppe fängt der Schutz an. Deshalb setzen wir uns für ein unkompliziertes Angebot zum Händewaschen im öffentlichen Raum ein. Toll wäre es, wenn es in Offenbach in der derzeitigen Notsituation einige feste Installationen gäbe.“