Über die Pläne der Stadt Offenbach, das Caritaszentrum ab Jahresmitte 2022 aus Kostengründen vom öffentlichen Nahverkehr abzuhängen, ist der Caritasverband Offenbach kurz vor der Veröffentlichung der Pressemitteilung der Stadt Offenbach in Kenntnis gesetzt worden. Diese Nachricht kam völlig überraschend. Von den Maßnahmen, sollten sie wie geplant umgesetzt werden, ist der Verband massiv betroffen:
Der Wegfall der ÖPNV-Anbindung zum Caritaszentrum verhindert unsere geplante Investition von 50 Mio. Euro in die soziale Infrastruktur der Stadt Offenbach, den Erhalt von 151 Arbeitsplätzen und die Schaffung von 80 neuen Arbeitsplätzen!
Dabei benennen wir besonders folgende Punkte:
- In den beiden Altenpflegeheimen St. Ludwig und St. Elisabeth des Caritaszentrums leben derzeit 167 Seniorinnen und Senioren. Durch den Wegfall der ÖPNV-Anbindung werden diese Menschen sozial isoliert und in ihrer selbstbestimmten Lebensführung massiv behindert. Selbstbestimmt kann die Einrichtung dann nur noch mit dem Taxi verlassen werden. Ebenso betroffen sind Angehörige und weitere Besucher sowie Ehrenamtliche, von denen sich viele ebenfalls im Seniorenalter befinden.
- Beschäftigte im Caritaszentrum, darunter zahlreiche Pflege-Auszubildende, haben unzumutbare Wegstrecken zurückzulegen, um zur dann nächstgelegenen ÖPNV-Haltestelle »Bert-Brecht-Straße« zu gelangen. Zu Randzeiten und bei Dunkelheit werden diese Strecken gemieden, da sie durch ein Waldstück bzw. alternativ durch ein Gewerbegebiet führen. Dies wird zur Abwanderung von Beschäftigten führen. Gleichwohl wird der Individualverkehr zunehmen.
- Ein Aus- und Neubau des Caritaszentrums wird ohne eine regelhafte Anbindung an den städtischen Nahverkehr nicht stattfinden. Verhindert werden, neben mindestens 80 geplanten neuen Arbeitsplätzen, der Neubau einer Kindertagesstätte, einer Tagespflege-Einrichtung, eines Ausbildungszentrums sowie Angebote für seniorengerechtes und pflegenahes Wohnen.
- Das unter Punkt (3) erwähnte Ausbildungszentrum ist im Schwerpunkt für die Aus- und Weiterbildung von Beschäftigten im Bereich Pflege und Kindertagesstätten konzipiert. Das betrifft auch die Qualifizierung von Menschen aus dem zweiten Arbeitsmarkt. Dem eklatanten Mangel an Erzieherinnen und Erziehern sowie Pflegefachkräften in der Region hätte dieses Vorhaben aktiv entgegenwirken können.
- Die fehlende Anbindung an den ÖPNV wird langfristig zu einem massiven Arbeitsplatzabbau am Standort des Caritaszentrums führen. Um zukunftsfähige Angebote in der Pflege zu schaffen, haben wir einen Ersatz- und Erweiterungsbau des Altenpflegeheimes St. Ludwig geplant. Ohne eine solche Neuausrichtung kann die Einrichtung, die seit fast 50 Jahren besteht, auf Dauer nicht betrieben werden. Damit verbunden wäre auch eine Verlegung der Geschäftsstelle mit ihren zentralen Diensten. Die Schließung von St. Ludwig sowie der Geschäftsstelle am Standort des Caritaszentrums würde den Verlust von 151 Arbeitsplätzen in der Stadt Offenbach bedeuten.
Es sollte sowohl im sozialen wie auch im wirtschaftlichen Interesse der Stadt Offenbach liegen, eine solche unerfreuliche Entwicklung abzuwenden. Deshalb appellieren wir erneut an die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker, Lösungswege zu finden, die folgende Aspekte berücksichtigen:
- Möglichkeit der Teilhabe für die im Caritaszentrum lebenden Seniorinnen und Senioren am gesellschaftlichen Leben in der Stadt durch eine adäquate Anbindung an den ÖPNV. Auch für mobilitätseingeschränkte Bewohnerinnen und Bewohner.
- Gleichermaßen die Möglichkeit für Angehörige und Besucher des Caritaszentrums, dieses per ÖPNV weiterhin zu erreichen. Damit soziale Kontakte aufrechterhalten werden können und Begegnungen möglich sind.
- Sicherstellung einer zumutbaren, sicheren und praxistauglichen ÖPNV-Anbindung für Beschäftigte und Auszubildende zu ihrem Arbeitsplatz im Caritaszentrum. Die Wegstrecke zur nächsten Haltestelle muss auch zu Randzeiten im Schichtdienst und bei Dunkelheit ohne Gefährdung möglich sein.
- Planungssicherheit für Investitionen in den Standort am Caritaszentrum und eine Infrastruktur, die den Bedarfen einer Großstadt angemessen ist.
Wir begrüßen es, dass die Stadt Offenbach zwischenzeitlich mit uns das Gespräch aufgenommen hat. Die aktuellen Vorschläge seitens der Stadt, eine partielle Anbindung des Caritaszentrums über Zusatzbusse zu schaffen, entsprechen allerdings noch nicht ausreichend den Bedarfen und Anforderungen der Betroffenen. Deshalb fordern wir insbesondere
- Erweiterung des aktuellen Angebots der Stadt Offenbach um praxistaugliche, senioren- und mitarbeitergerechte Maßnahmen, so dass der Status-Quo-Betrieb am Standort erhalten bleiben kann. Für einen Neubau müssen die ÖPNV-Verbindungen auf einem für eine Großstadt üblichen Niveau erhalten bleiben. Andernfalls kann ein Neubau nicht realisiert werden.
Um an Lösungen mitzuwirken, schließen wir uns der Forderung an, die gesamte Planungsstudie, auf deren Basis die ÖPNV-Sparmaßnahmen erfolgen sollen, mit den Betroffenen zu diskutieren. Ebenso erachten wir es für sinnvoll, die Meinungen der kommunalen Altenplanerin, des Sozialplaners, der Seniorenhilfe, des Seniorenrats, des Behindertenbeirats, des Ehrenamtsbeauftragten und des Frauenbüros der Stadt bei Entscheidungen zu berücksichtigen.